Ausbau des Fachhochschulmodells und Elitekooperationen vereinbart
Hochschulpartnerschaft mit China und der Partnerprovinz Anhui auf Erfolgskurs
HANNOVER/HEFEI – ANHUI. „Die Hochschulzusammenarbeit mit der Partnerprovinz Anhui ist für Niedersachsen ein Eckpfeiler der chinesisch-niedersächsischen Partnerschaft. Die Volksrepublik China entwickelt sich nicht nur beim Wirtschaftswachstum, sondern auch in der Forschung rasant“, so Wissenschaftsministerin, Professor Dr. Johanna Wanka. Während ihres zweitägigen Besuchs in Hefei, der 7 Millionen Einwohner zählenden Hauptstadt Anhuis, würdigte Wanka die 25-jährige erfolgreiche Zusammenarbeit mit niedersächsischen Hochschulen. In der aufstrebenden Provinz habe Niedersachsen entscheidend zum Aufbau der Hochschulstrukturen beigetragen. Künftig werde neben den bestehenden Kooperationen unter anderem der systematische Ausbau des deutschen Fachhochschulmodells mit dem Schwerpunkt der Anwendungsorientierung gemeinsam mit niedersächsischen Partnerhochschulen in Anhui weiter vorangetrieben. Dies könne auch über Praxisprojekte die Zusammenarbeit mit Unternehmen in China weiter stärken, sagt die Ministerin. Zudem starte an der Universität Göttingen erstmals zu diesem Wintersemester eine Ausbildung für Chinesischlehrer. Die dafür erforderlichen Professorenstellen fördere die chinesische Zentralregierung in Peking als größte Bildungsinvestition im Ausland mit, so Wanka. Göttingen kooperiere in der Zukunft direkt mit sechs der neunTop-Universitäten Chinas.
Insgesamt existieren bisher rund 150 niedersächsische Kooperationsvereinbarungen auf Hochschul- und Fachbereichsebene mit der Provinz Anhui. Die Kooperationen umfassen die gegenseitige Anerkennung von Studienabschlüssen, den Austausch von Studierenden und Gastdozenten sowie die Zusammenarbeit in Forschung und Lehre. Die Zahl der in Niedersachsen studierenden Chinesen hat sich in den vergangenen zehn Jahren auf mehr als 2500 verfünffacht.
Die anwendungsorientierte Hochschule als Kooperationsprojekt
Ein weiterer Höhepunkt während der China-Reise von Ministerin Wanka, war die Eröffnung des dritten Forums „Anwendungsorientierte Hochschulausbildung, Forschung und Entwicklung in China und Deutschland“. Dies haben die Provinzregierung und das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur gemeinsam mit den niedersächsischen Hochschulen und Universitäten sowie chinesischen Hochschulen in der Hefei Universität organisiert. Vertreten waren durch ihre Vizepräsidenten und weitere Hochschulmitglieder die niedersächsischen Hochschulen (Fachhochschulen) aus Emden/Leer, Hannover, Hildesheim/Holzminden/Göttingen, Osnabrück und Wilhemshaven/Oldenburg/Elsfleth sowie die Universitäten aus Göttingen und Osnabrück.
Der für die Hochschulen in der Provinz Anhui zuständige Vize-Bildungsminister Professor Dr. Li Heping kündigte an, die offene Kooperation der anwendungsorientierten Hochschulen werde vorangetrieben. Dabei spiele die Kooperation zwischen der Hefei Universität und den niedersächsischen Fachhochschulen eine führende Rolle und habe Vorbildcharakter für ganz China. Unter anderem werden zwei anwendungsorientierte Vorbildhochschulen mit Magisterstudiengängen und fünf anwendungsorientierte Vorbildhochschulen mit Bachelor Studiengängen auf der Provinzebene aufgebaut. Die anwendungsorientierte Hochschulausbildung ist unter anderem durch die Praxisnähe, die regionale Standortprägung und eine stärkere Systematisierung geprägt. Die Provinz Anhui beschäftige sich gerade mit der Ausarbeitung des 12. Fünfjahresplans und der Pläne zur Entwicklung der Hochschulausbildung bis 2020. Die starke Entwicklung der anwendungsorientierten Hochschulausbildung gemeinsam mit den niedersächsischen Fachhochschulen sei dabeiein strategischer Schwerpunkt, sagte Li Heping.
In einem konkreten Projekt hat die Hochschule Hannover (FH) jetzt mit der Hefei Universität bereits ein vierjähriges Studienmodell für die Ingenieurswissenschaften mit interdisziplinären Kenntnissen gestartet. Dieses sieht einen gemeinsam anerkannten Bachelorabschluss, intensiven Deutschunterricht und einen verbindlichen Aufenthalt in Deutschland sowie Praxissemester vor. Bereits 32 Studierende haben ihr Studium aufgenommen. Weitere Partner-Fachhochschulen aus Niedersachsen und Sachsen-Anhalt sollen sicherstellen, dass künftig ab dem dritten Semester zusätzliche deutsche Lehrende in Anhui die Ausbildung mit übernehmen können.
Die Universität Göttingen arbeitet mit den Top-Hochschulen in China zusammen
Nicht nur die Forschung, sondern auch die Hochschulausbildung von Studierenden befinde sich vor allem an den Top-Universitäten in China, mit denen Göttingen eng kooperiere, mittlerweile auf einem exzellenten Niveau, berichtete die Vizepräsidentin der Universität Göttingen, Professor Dr. Hiltraud Casper-Hehne, die ebenfalls in China war. Deshalb hat die Göttinger Universität in ihrer Internationalisierungsstrategie China zu einer Schwerpunktregion in Forschung und Lehre erklärt.
Zur strategischen Umsetzung wurde ein Liasion Office an der Partneruniversität Nanjing eröffnet. Damit sollen der weitere Ausbau von Forschungskooperationen, die Rekrutierung exzellenter Wissenschaftler und Studierender für Göttingen sowie der Aufbau gemeinsamer internationaler Studiengänge gefördert werden. Derzeit befinden sich bereits 26 innovative Forschungsprojekte in Vorbereitung oder Umsetzung, die vor allem mit der langjährigen Partnerhochschule Nanjing und der University of Science and Technolgy, Hefei, durchgeführt werden.
Zu den Kooperationsprojekten mit Nanjing gehört unter anderem auch ein Deutsch-Chinesisches Institut für Rechtswissenschaften, das, so wurde jetzt vereinbart, ab Wintersemester 2011/2012 zusätzlich einen internationalen Studiengang zur Rechtspraxis in China anbieten wird. Darüber hinaus wird ab Wintersemester 2010/2011 von den Partnerhochschulen Nanjing und Göttingen auf Wunsch des Nanjinger Präsidiums ein „Exzellenzprogramm Deutsch“ angeboten. In diesem erhalten bis zu 30 exzellente und ausgewählte Studierende der Geistes- und Sozialwissenschaften ab dem dritten Studienjahr im Bachelor- sowie dann im ersten bis dritten Studienjahr im Masterprogramm studienbegleitend Deutschunterricht, um danach für ein Promotionsstudium nach Göttingen zu gehen.
Derzeit arbeiten die beiden Universitäten zudem in den Geisteswissenschaften an der Antragstellung für ein interdisziplinäres internationales Graduiertenkolleg zum „Kulturtransfer“.
Gemeinsame Forschung und ein stärkerer wissenschaftlicher Austausch ist unter anderem auch in der Chemie, Physik, Mathematik mit Nanjing vereinbart worden. Ebenfalls vereinbart wurde der weitere Ausbau englischsprachiger Angebote an beiden Universitäten.
Über die Zusammenarbeit mit den Universitäten in Nanjing und Hefei hinaus wurden während des niedersächsischen Besuchs weitere Kooperationsverträge mit der Beijing Universität, der Renmin Universität, Beijing, und der Zhejiang Universität in Hangzhou unterzeichnet. Zudem wurde ein Vertrag mit der Fudan Universität Shanghai vorbereitet. Damit kooperiert die Exzellenzuniversität Göttingen nun mit den „Top Six Universitäten“ Chinas.
Mit der Universität Anhui existiert seit 2003 bereits ein vertraglich vereinbarter Studierenden- und Professorenaustausch. Von 2005 bis 2008 war die Hochschule integriert in ein Asia-Link-Projekt. Darin wurde neben einem Doppeldiplomstudiengang „Interkulturelle Germanistik“ mit Nanjing und Beijing für die Universität Anhui ein Bachelor-Studiengang Deutsch entwickelt und eingerichtet. Zudem wurde mit Hilfe der Bosch-Stiftung in diesem Sommer ein Deutsch-Lektorat mit einer deutschen Lehrkraft besetzt. Jetzt ist vereinbart, die Deutschdozenten der Universität Anhui an der Abteilung Interkulturelle Germanistik in Göttingen fortzubilden sowie die Deutschausbildung an der Universität Anhui voranzubringen.
In Göttingen startete zum WS 2010/2011 der neue Studiengang „Ostasienwissenschaften/Chinesisch als Fremdsprache“ in dem im Juli eröffneten Centre for Modern East Asian Studies. Hierfür fördert das chinesische Erziehungsministerium seit Herbst 2009 zwei Professuren, die bisher größte Bildungsinvestition der Volksrepublik China im Ausland. Mit der neuen Ausbildung werden erstmals in Europa Lehrkräfte für Chinesisch als Fremdsprache qualifiziert ausgebildet.
Hintergründe zu Kooperationen und dem Hochschulwesen in Anhui seit 1985
Der Schwerpunkt der niedersächsisch-chinesischen Kooperation im Hochschulbereich erstreckt sich auf die Partnerregion Anhui. Die ersten Abkommen kamen 1985 mit der damaligen Vereinigten Universität Hefei - heute Hefei Universität - zustande. Die gemeinsame Erklärung des Landes Niedersachsen und der Provinz Anhui aus dem Jahr 1985 sah niedersächsische Hilfe beim Aufbau der Fachbereiche Elektrotechnik, Maschinenbau, Maschineningenieurwesen, Chemietechnik und Wirtschaft/ Verwaltung an der Vereinigten Universität Hefei vor. Auch hier ging es um den Aufbau von Fachhochschulstrukturen - einschließlich der apparativen Ausstattung im Wert von seinerzeit rund 1,5 Millionen Euro. Ältester Partner ist dabei die Fachhochschule Osnabrück. In den vergangenen Jahren haben alle niedersächsischen Fachhochschulen enge Kontakte zur Universität Hefei aufgebaut, wie die heutige Hochschule Hannover (Fachbereiche Medien und Design, Elektrotechnik), die Jadehochschule Wilhelmshaven/Oldenburg/Elsfleth („2+3-Programm“ in den Ingenieurwissenschaften/ Mechatronik, Elektro- und Informationstechnik), die Leuphana Universität Lüneburg (Fachbereich Bauingenieurwesen), die Ostfalia Hochschule Braunschweig/Wolfenbüttel (Versorgungstechnik und Verkehrstechnik) sowie die HAWK Hildesheim/Holzminden/Göttingen (gemeinsames Institut für angewandte Bauphysik und Dauerhaftigkeit). In der Provinz Anhui gibt es rund 100 Hochschulen mit mehr als 1,4 Millionen Studierenden bei einer Bevölkerung von nahezu 68 Millionen Menschen.
Artikel-Informationen
erstellt am:
15.10.2010
Ansprechpartner/in:
Herr Christian Stichternath
Nds. Ministerium für Wissenschaft und Kultur
Leibnizufer 9
30169 Hannover
Tel: 0511/120-2544
Fax: 0511/120-99 2544