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„Saurierland Niedersachsen“

Das „Saurierland Niedersachsen“ zeichnet sich im bundesweiten Vergleich durch zahlreiche Besonderheiten aus, die den hohen Forschungsstand belegen.

  • Nirgends im gesamten Bundesgebiet gibt es in Klasse und Qualität auch nur annähernd vergleichbare Fährtenhorizonte von Dinosauriern. Aus Münchehagen ist bereits eine spezifische Art beschrieben worden (Fährten-Holotypus*), zwei neue Fährten-Holotypen werden zur Zeit für Obernkirchen aufgestellt.
  • Das Braunschweiger Land repräsentiert die einzigen nord- und mitteldeutschen Fundstellen von exzellent erhaltenen Meeressauriern aus dem Unteren Jura (Lias), sowie von einem weiteren Fundpunkt sogar einen ungewöhnlichen neuen Holotyp aus der Unteren Kreide, der von überregionaler Bedeutung ist.
  • Eine Fundstelle am Nordharzrand bei Goslar lieferte nicht nur einen weiteren, hoch spannenden Holotyp eines Dinosauriers, sondern dieser entpuppte sich als internationale Sensation, da an diesem Dinosaurier ein normalerweise schwer nachweisbares biologisches Phänomen rekonstruiert werden konnte (Zwergenwuchs, s.u.).

Während des Dinosaurierzeitalters - dem Mesozoikum oder Erdmittelalter, vor 251 bis 65 Millionen Jahren – wechselten die niedersächsischen Landschaftsformen mehrfach:

Zur Entstehungszeit der Dinosaurier in der Trias gab es noch ausgedehnte, zusammenhängende Landflächen mit Flusslandschaften. Bereits im Jura greift das Meer großflächig auf das Land über – und dies im gesamten Bundesgebiet und sogar global. Die Kreide beginnt zunächst mit einem kurzen Rückzug des Meeres (Regression) und daraus resultierenden, größeren Landmassen, bevor der Meeresspiegel wieder ansteigt und bis zum Aussterben der Dinosaurier die gesamte Region erneut überflutet wird (Transgression). Die Meeres-, aber auch Fluß- und Seenlandschaften des anschließenden Säugetierzeitalters, in dem wir bis heute leben, werden schlussendlich von den Resten der letzten drei Eiszeiten bedeckt.

Die heutige Fahrt ist dabei bedeutenden Fundpunkten aus unterschiedlichen Schichten gewidmet:

Die Bückeberge (Obernkirchener Sandsteinbrüche) und die Rehburger Berge (Dinosaurierpark Münchehagen) in den Landkreisen Schaumburg und Nienburg gehören dabei in das kurze Zeitfenster der basalen Unteren Kreide, als größere Landflächen den ausschließlich landbewohnenden Dinosauriern als Lebensraum dienten. Dabei entstanden in Niedersachsen Sandsteine, die als qualitätvolle Naturwerksteine seit dem Mittelalter abgebaut werden und daher in Steinbrüchen der Paläontologie Einsichtnahmen ermöglichen. Forschungen des Landesmuseums Hannover gemeinsam mit der Unterkreide-Forschungsgruppe der Georgia Augusta-Universität Göttingen und dem Dinopark Münchehagen erschließen dabei seit 2004 die berühmt gewordenen Fährtenfossilien einer überaus interessanten Artengemeinschaft von zahlreichen pflanzenfressenden und vielfältigen fleischfressenden Dinosauriern, hierunter auch die bekannt gewordenen Sichelklauendinosaurier – Verwandte des Archaeopteryx. Erhaltene Fossilien der Zeit sind seit dem 19. Jh. bekannt und befinden sich in der geowissenschaftlichen Sammlung der Uni Göttingen.

Im Dinopark Münchehagen werden darüber hinaus die exquisit und sogar dreidimensional erhaltenen Dinosaurierknochen aus dem Oberen Jura vom Langenberg/Oker präsentiert, die im Rahmen eines groß angelegten Projektes erforscht werden. Diese Fundstelle repräsentiert eine ehemalige Küstenlandschaft mit dem Harz als zentraler „Insel“ sowie vielen vorgelagerten sehr kleinen Inseln mit entsprechend kleinflächigen Lebensräumen – was zum sekundären Zwergenwuchs eigentlich gigantisch großer sauropoder Dinosaurier führte, ähnlich den ausgestorbenen Zwergelefanten von Mittelmeerinseln.

Die im Braunschweiger Land gelegene, exzellente Fundstelle Hondelage repräsentiert den Unteren Jura und somit besonders gut erhaltene Meeresablagerungen. Die Charaktertiere dieser Zeit waren die so genannten „Fischsaurier“, sehr Delphin-ähnlich aussehende, komplett an das Schwimmen angepasste Meeresreptilien mit dreidimensional erhaltenen Skelett-Elementen. Ein jüngst freigelegter, besonders gut erhaltener Fund eines über drei Metern langen Tieres, auf dem Reste einer zweiten, anderen Ichthyoaurier-Art liegen, beweist dies. Die Forschungsgrabungen des Staatlichen Naturhistorischen Museums Braunschweig erschließen hier die Lebewelt jener exotischen Meere, in denen neben den Reptilien auch Ammoniten - ausgestorbene Tintenfische - schwammen. In der Fundstelle Cremlingen ist sogar ein besonders ungewöhnlicher (= „später“) Ichthyosaurier der marinen Unteren Kreide entdeckt und durch das Braunschweiger Museum erforscht worden.

Die ebenfalls vom Staatlichen Naturhistorischen Museum Braunschweig erforschten Schichten des Mittleren Jura der Republik Niger stellen einen Kontrapunkt dar: Im Gegensatz zu Niedersachsen war der zentrale afrikanische Schild nicht vom Meer bedeckt – optimale Lebensbedingungen auf großen Landoberflächen für die Entwicklung einer großen Vielfalt von Dinosauriern, wie die spannenden Funde von Langhalssauriern (Sauropoden), aber auch Fährten von Fleischfressern belegen.

Über den „Dinosaurierfährten-Sandsteinen“ lagern „on top“ Lockersedimente der Eiszeiten. Wie ein aktueller Fund eines skandinavischen Gesteinsblocks weit oben auf dem Deister beweist, waren unsere Höhenzüge mindestens einmal komplett von eisigen Gletschern überdeckt, und somit lag auch Hannover unter dicken Eisschichten.

*Holotypus ist in der zoologischen Nomenklatur das Einzelstück einer Tierart, nach dem diese erstmals wissenschaftlich beschrieben wurde.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
29.06.2012

Ansprechpartner/in:
Pressestelle MWK

Nds. Ministerium für Wissenschaft und Kultur
Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibnizufer 9
30169 Hannover
Tel: 0511/120-2599
Fax: 0511/120-2601

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